Naturhistorisches Museum Nürnberg

Geologie
Eisenmeteorit



"Unter-Mässing" -
Der größ­te Meteorit Deutsch­lands


Dieser Meteo­rit ist ein ein­mali­ges Fund­stück. Er ist der größ­te, heu­te noch er­hal­te­ne Meteo­rit, der auf deut­schem Bo­den ge­fun­den wur­de, und zu­gleich der ein­zige Eisen-Nickel-Meteorit Bayerns. Er ist ca. 80 kg schwer und er­hielt sei­nen offi­ziel­len Namen nach dem Ort Unter­mäs­sing, in des­sen Nähe er ge­fun­den wur­de.
Der Meteorit kann je­der­zeit in der Dauer­aus­stel­lung des Natur­histo­rischen Mu­seums Nürn­berg be­wun­dert wer­den. Und nicht nur das, er darf so­gar an­ge­fasst wer­den. Die Be­rüh­rung eines solch im­posant großen Stücks außer­ir­dischen Ma­te­rials ist im­mer etwas ganz Be­son­deres. Es wer­den ihm sogar Heil­kräfte zu­ge­schrie­ben. Aber das sollte jeder sel­ber be­urtei­len.



Der ca. 80 kg schwe­re Meteorit Unter-Mässing
(Foto: M. Blume)



Wie wurde er ge­funden?

Die Brüder Johann und Georg Schäfer waren an einem Frei­tag im März 1920 im Ge­meinde­wald von Unter­mäs­sing auf dem Katzen­berg bei der Ab­zweigung der Straßen nach Öster­berg und Röcken­hofen mit dem Roden von Wurzel­stöcken be­schäf­tigt, die sie als Feuer­holz ver­wenden woll­ten. Da ent­deckten sie in ca. 1,5 m Tiefe zwischen Kalk­steinen und umgeben von den Wurzeln einer gefäll­ten Fichte einen großen Eisen­klumpen.

Mit viel Mühe wurde der Eisen­klumpen ge­bor­gen und nach Unter­mässing geschafft. Die Ge­schich­te vom unge­wöhn­lichen Fund ver­brei­tete sich schnell. Sogar ein Schrott­händler fand sich ein und bot den Brü­dern 2 Mark für ihren Fund. Dafür woll­ten sie ihn aber nicht her­geben.
Inzwischen hatte Franz Kerl (1873-1956), ein in Dixen­hausen wohnen­der Heimat­forscher und Mit­glied der NHG Nürn­berg, von dem Fund er­fahren und ihn genauer unter­sucht. Er erkann­te bald, dass es sich um einen Meteo­riten handel­te und we­gen seiner Größe auch um einen sehr be­deuten­den Fund. Er ver­mittel­te darauf­hin den Ver­kauf des Meteo­riten an die Natur­histori­sche Ge­sell­schaft Nürn­berg.
Die Brüder Schäfer er­hiel­ten für den Meteo­riten 150 Mark sowie 20 Mark Trans­port­kosten. Franz Kerl er­hielt 150 Mark für die Ver­mitt­lung dieses ein­maligen Stücks. So konn­te der Meteo­rit vor der Ver­schrot­tung geret­tet wer­den.


Fundort des Meteo­riten Unter-Mässing auf dem Katzen­berg öst­lich von Unter­mässing
Karten­material © Open­Street­Map - Mit­wirkende



Quit­tung über den Kauf­preis des Unter-Mässing mit der Unter­schrift von Johann Schäfer, einem der Finder.



Wann ist er ge­fallen?

Auf Grund des Alters der Fichte wurde lange an­ge­nom­men, dass der Meteo­rit mindes­tens 120 Jahre im Erd­reich lag, also wahr­schein­lich um 1800 ge­fallen war. Die genaue Liege­zeit wur­de aber erst 2022 er­mit­telt. Radio­metri­sche Mes­sun­gen an be­stimm­ten Iso­topen in der Außen­schicht des Meteo­riten haben über­raschen­der­weise er­geben, dass er bereits vor 14.000 Jahren (+/- 3.000 Jahre) gegen Ende der Alt­stein­zeit auf die Erde ge­fal­len ist. Seine be­son­dere Eisen­nickel­legie­rung sorg­te da­für, dass er während sei­ner lan­gen Liege­zeit kaum Rost an­ge­setzt hat­te.




Wie ist er ent­standen?

Der Unter-Mässing ist ein Eisen­meteo­rit und stammt wie fast alle Meteo­rite aus dem Asteroiden­gürtel zwischen Mars und Jupi­ter. Dort krei­sen un­zählige kleinere und größere Brocken um die Sonne, die sich nie zu einem ein­zigen, großen Körper zu­sammen­ge­ballt ha­ben. Viele die­ser Aste­roide be­stehen noch aus un­ver­änder­tem Mate­rial des Ur­nebels, aus dem unser Son­nen­system ent­stan­den ist.
Das Material des Unter-Mässing ent­stammt aber dem Kern eines Aste­roiden, der so groß war, dass er schmel­zen konnte. Durch die Schwer­kraft kon­zentrier­ten sich die schwe­ren Be­stand­teile wie Eisen und Nickel in seinem In­nern, die leich­teren Sili­kate im Man­tel. Es wird spe­kuliert, dass es sich dabei um den Aste­roiden Psyche ge­handelt haben könn­te, ein Brocken mit ca. 250 km Durch­messer. Der Unter-Mässing ist 4,55 Mil­liar­den Jahren alt und stammt noch aus einer sehr frü­hen Bildungs­phase des Son­nen­systems.
Durch einen drama­tischen Zu­sammen­stoß mit einem ande­ren Himmels­körper wurde ein Teil aus dem Eisen­nickel­kern des Mutter-Aste­roiden heraus­ge­sprengt und auf eine stark ellip­tische Bahn um die Son­ne ge­schleudert. Seine Bahn führte ihn nah an die Son­ne, ließ es aber auch die Bah­nen der inne­ren Pla­neten und somit auch die der Erde kreu­zen. Es zog ca. 1,4 Mil­liar­den Jahre seine ein­same Bahn durchs All, bis es schließ­lich mit der Erde kolli­dierte.
Vor dem Ein­tritt in die Erd­atmo­sphäre hat­te der Meteo­roid ver­mutlich eine Mas­se von mindes­tens 2 Tonnen. Der größte Teil ver­glühte in der Erd­atmo­sphäre. Die Rest­masse von 80 kg schlug auf der Erde auf und ver­ur­sachte da­bei einen kleinen Kra­ter. Weitere Bruch­stücke des ur­sprüng­lichen Meteo­roiden sind nicht ge­fun­den wor­den, ob­wohl man nicht ganz aus­schließen kann, dass noch wei­tere Bruch­stücke beim Fall ent­stan­den sind.




Ent­stehung des Meteo­roiden im Aste­roiden­gürtel und seine ellip­tische Bahn um die Sonne. Meteorit wird nur der Material­rest genannt, der auf der Erd­ober­fläche an­kommt.



Woraus besteht er?

Nur 4,7% aller Meteori­ten sind Eisen­meteo­rite. Der Unter-Mässing ist ein so­ge­nann­ter feiner Oktae­drit der Klas­se Eisen IIC. Mehrere Punk­te be­legen die Echt­heit des Meteori­ten. Neben den Schmelz­mulden auf der Ober­fläche ist vor allem sein Eisen spezi­fisch. Es ent­hält einen hohen Nickel­anteil von 9,8% und eine Reihe typi­scher Spuren­elemen­te wie z.B. Cobald, Germa­nium, Gallium und Iridium. Seinem recht hohen Thal­lium-An­teil ver­dankt der Unter-Mässing seine Ein­stufung in die Klas­se IIC. Es gibt nur noch 7 weitere Meteori­te, die zu dieser Grup­pe ge­hören. Sie be­sit­zen alle ein ge­ringeres Ge­wicht als der Unter-Mässing.




Klassi­fizie­rung der Meteo­riten ent­sprechend ihrer Material­be­schaf­fen­heit. Außer den sehr selte­nen Mond- und Mars-Meteori­ten ge­hören alle an­deren Klas­sen zu Meteori­ten aus dem Aste­roiden­gürtel.



Ein weiterer Echt­heits­nach­weis sind die so­ge­nann­ten Wid­man­stätten­schen Fi­guren, die sich auf po­lier­ten und ge­ätz­ten Flä­chen zei­gen und die auf Erde nicht nach­ge­macht wer­den kön­nen. Der Unter-Mässing war bei sei­ner Ent­ste­hung Tem­pera­turen von über 800 Grad Cel­sius aus­ge­setzt und kühl­te da­nach über Mil­lionen von Jah­ren nur ex­trem lang­sam ab. Während die­ser ex­trem lang­samen Ab­küh­lung ent­mischt sich Kamacit aus dem pri­mären Taenit (Eisen­nickel­phasen mit ver­schie­denen Nickel­ge­hal­ten). Kamacit- und Taenit­kristal­le bil­den dann die typi­schen Wid­man­stätten­schen Fi­guren. In den Zwickeln bil­det sich schließ­lich Plessit aus, ein fein ver­wobe­nes Netz von Kamacit- und Taenit-Kristal­len.




Die Widman­stät­ten­schen Fi­guren auf einer Material­probe des Unter-Mässing
nach einer Farb­ätzung (Foto jnmczurich)
A: Kamazit-Spin­deln (blau)
B: Taenit-Um­randungen (weiß)
C: Plessit-Netz­werk als Fül­lung in den Zwickeln (blau-grau)
D: Schreiber­sit-Kristal­le mit Schock­adern (weiß)


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